Ein neuer vielsprachiger Musikschatz für Kindergruppen

Mit Kindern zu singen und zu musizieren, ist so wichtig, nur leider geschieht es immer seltener. Viele junge Eltern, aber auch Erzieher:innen haben oft keinen musikalischen Fundus mehr. Dazu kommt die Qual der Wahl: Die traditionellen Kinderlieder wirken zum Teil altbacken und passen nicht mehr so richtig zur vielsprachigen Gegenwart; die neueren Alternativen aus dem Internet sind oft musikalisch uninteressant.

Mit “Singt mit! in vielen Sprachen“ hat der SchauHörverlag unter der Leitung des erfahrenen Kinderliedermachers Wolfgang Hering jetzt ein Liederbuch herausgebracht, welches die Sprachenvielfalt in unseren Kitas und Grundschulen bewusst und unverkrampft aufnimmt. Es orientiert sich an den klassischen Bedarfen von Kindergruppen und bietet Begrüßungs- und Bewegungslieder, Lieder zu Körperteilen und Tieren, Rollenspiel- und Tanzlieder und einen großen Bereich mit bekannten Liedern in vielen Sprachen. Die Mehrsprachigkeit zeigt sich in Strophen, die in anderen Sprachen als Deutsch zur Verfügung stehen. Dabei wurde aber nicht sklavisch jedes Lied in alle Sprachen übersetzt, sondern die Sprachen stehen locker nebeneinander, so wie es passt.

Die 29 enthaltenen Lieder sind durchgehend sehr singbar, leicht zu erlernen und machen sofort Lust, einzusteigen. Es gibt ein paar Klassiker, aber auch viel Neues zu entdecken. Nutzer:innen ohne Notenkenntnisse hören sich dazu einfach die sorgfältig produzierten Audiodateien an, die zum Download auf der Verlagswebsite bereitstehen. Profis der musikalischen Früherziehung freuen sich über Noten, Akkorde und  Hinweise für den Gebrauch von Orff’schen Instrumenten und Boomwhackern.

Noch ein Plus: die praktische Spiralbindung und die fröhlichen, nicht aufdringlichen Illustrationen von Marion Hartlieb.

“Singt mit! in vielen Sprachen“ ist ein Liederbuch auf der Höhe der Zeit und hat das Potenzial, ein neuer Klassiker in diesem Bereich zu werden. Das rechtfertigt auch den stolzen Preis von 39 € für Buch plus Audiodateien. Qualität hat eben ihren Preis!

WALheimat

Karen Swann nimmt uns in ihrem Buch „Der Gesang des Wals“ mit auf eine magische Reise durch die Welt der Ozeane.
Vom Leuchtturm aus beobachtet ein Kind einen Wal und lauscht seinem süßen Gesang. Der Wal kommt zum Ufer und nimmt das Kind auf seinen großen Rücken, weil er ihm etwas zeigen möchte.
Auf ihrer Reise durch die Ozeane begegnen ihnen viele weitere Meeresbewohner (Robben, Rochen, Delfine, Eisbären usw.), mit denen sie gemeinsam schwimmen und plantschen.
Es herrscht eine friedvolle, ruhige, glückliche Stimmung, die durch die zarten, farben- und detailreichen Illustrationen von Padmacandra unterstützt wird.
Der Wal zeigt dem Kind auf den wunderschönen Bildern, auf denen es viel zu entdecken gibt, wie schön seine Heimat ist, doch dann verändert sich etwas.
Auf den kommenden Seiten wird deutlich, wie verschmutzt der Lebensraum Meer ist und wie die Tiere darunter leiden.
Kind und Wal werden ruhiger, nachdenklicher, so auch die Illustrationen. Doch das Kind hat verstanden und verspricht dem Wal von dem, was es gesehen hat, zu erzählen…

Die Geschichte wird aus der Sicht eines Kindes (Geschlecht bleibt unbekannt) und in Reimform (teilweise mit Wiederholungen) erzählt. Die Geschlechtsneutralität des Kindes ermöglicht es, dass sich jeder Lesende/Zuhörende direkt angesprochen und in die Geschichte mit einbezogen fühlt.
Auch der Appell am Ende, mit direkten Blickkontakt durch das Kind, wird zum Diskutieren und/oder zum Nachdenken anregen.

Kälbchen im Tarnanzug

„Abteilung, stillgestanden!“  – „Im Gleichschritt, marsch!“ Der Oberfeldwebel brüllt sehr laut.  Seine Soldaten gehorchen ihm sonst nämlich nicht, glaubt er. Doch sein Gebrüll nützt nichts – denn: „Da liegt eine Kuh im Weg.“ Und die Kuh bekommt auch noch ein Kälbchen, mitten auf dem Truppenübungsplatz. Das Kälbchen ist entzückend und die Soldat:innen kümmern sich liebevoll um Kuhmutter und Kind. Sogar der Oberfeldwebel ist gerührt und brüllt nicht mehr so schrecklich laut. Es gibt Wichtigeres, als zu exerzieren. Eine zutiefst pazifistische Geschichte, urkomisch illustriert von Volker Fredrich.

Wie ein Krokodil zur Arbeit geht

Dies ist ein Bilder-Buch im wahrsten Sinne des Wortes. Denn es kommt ganz ohne Text aus. Dafür ziehen dich die fein gezeichneten und kolorierten Bilder schnell in ihren Bann. Ein Krokodil träumt vom Urlaub unter Palmen, doch dann klingelt der Wecker und du machst dich mit dem grünen Gesellen auf den Weg durch eine bunte, wildbewegte italienische Großstadt. Fährst mit ihm U-Bahn, kaufst mit ihm Blumen und Brathähnchen, und am Ende erfährst du auch, wo es arbeitet. Eine wunderbare Bildergeschichte für alle Altersstufen, so realistisch und unaufgeregt erzählt, dass du ab heute auf der Straße überall Krokodile siehst!

Lizenz zum Krachmachen

Wie hört es sich an, wenn Spinne Klavier spielt oder ein Felsbrocken den Berg herunterrollt? Wie klingt ein Tornado und wie schnarcht der braune Bär? Benjamin Gottwalds Buch „Spinne spielt Klavier“, ausgezeichnet mit dem Hamburger Bilderbuchpreis, erzählt keine Geschichte im herkömmlichen Sinn. Stattdessen ist das gesamte Buch eine Aufforderung zum Geräuschemachen. Jedes von Gottwalds großflächigen, kräftigen Bildern trägt seinen eigenen Sound in sich, und oft macht man unwillkürlich gleich selbst das passende Geräusch. Und so steht es auch in der kurzen Einleitung, die den Bildern vorangeht und die wir wegen ihrer Schönheit einfach komplett zitieren: „Hör dir dieses Buch mal an! / Kannst du hören, was du siehst? / Es pufft und klappert / und quietscht und knackt / und knistert und kracht / und knallt und quakt /  und wispert und schellt /  und krächzt und bumst / und ballert und bimmelt / und raschelt und raucht /und donnert und knurrt /und pfeift und johlt /und japst und klickt / und röhrt und miaut. / Beispielsweise.”
Das schöne, dicke, schwere, nicht zu große Buch ist mit seinem griffigen Papier und den satten Farben ein echter Hand- und Augenschmeichler. Für Kinder ist es ein Riesenspaß, denn sie haben hier endlich mal die Lizenz zum Krachmachen, die sie im Alltag so oft vermissen. Und für Eltern und Pädagog:innen hat Gottwald mit “Spinne spielt Klavier” einen neuen Klassiker für Kita und Vorschule geschaffen, der für unzählige kreative Spaß- und Lernstunden geeignet ist. Denn Spracherwerb, das weiß ja jeder, geht auch über die Ohren. Zu wissen, wie etwas klingt, und es mit Worten und Geräuschen ausdrücken zu können, ist eine wichtige Kompetenz, die jedes Kind erwerben sollte. Wie gut, dass es dafür jetzt dieses Buch gibt! Ton ab!

Imker-Crashkurs für Zottelpelze

Spätestens seit Pu dem Bären ist weltbekannt, dass Bären auf Honig stehen. Der Bär in diesem Buch treibt seine Honigliebe aber noch ein Stück weiter als Pu und wird gleich selbst zum Imker. Dass das nicht so einfach ist, weiß nicht nur die schlaue Möwe, die ihm dabei über die pelzige Schulter schaut. Denn  die  Bienen müssen eingefangen werden, und dann brauchen sie einen Namen und ein Haus und Gutenachtgeschichten und ab und zu einen schönen Blumenstrauß, und die Königin braucht natürlich eine Krone aus Glanzpapier. Doch all das schreckt unseren Bären nicht ab, denn am Ende winkt die Belohnung in Form von vielen, vielen Honiggläsern.
Natürlich ist das alles ein Riesenquatsch (bis auf den Honig), aber sehr lustig ausgedacht, gezeichnet und erzählt. Kinder, die schon ein bisschen Ahnung vom Leben der Bienen haben (weil sie zum Beispiel Piotr Sochas fantastisches Bienenbuch gelesen haben), werden ihren Spaß daran haben, die Fakten hier mal ein bisschen geradezurücken. Wer noch nicht so viel weiß, kann sich an dem sehr sympathischen Bären erfreuen und bekommt vielleicht sogar Lust, mehr  über diese faszinierenden Tiere zu erfahren. Dazu finden sich auf den Vorsatzpapieren des Buches noch einige „honigsüße Fun Facts“ über Bienen.

Schläft ein Po in allen Dingen

Pos, Pos überall Pos: Ein Papa und sein Sohn laufen zur Schule und stellen fest: Jeder und fast alles hat einen Po. Der Bagger und die Schafe, die Vogelscheuche und der T-Rex. Das ist zunächst nicht so aufregend*. Aber spätestens ab der dritten oder vierten Doppelseite erliegst du dem absoluten Charme dieses Buches. Da ist die Sprache: Der gesamte Text besteht aus gereimten Fragen (Sohn) und Antworten (Papa), bewundernswert gut übersetzt von Hans-Christian Schmidt: „Hat der Ochsenfrosch nen Po? / Ja, es ist ein braun gefleckter. – / Haben Barsche einen Po? / Schau, in ihrem Namen steckt er. (…). Seite um Seite entspinnt sich dieses philosophische Gespräch und man fühlt sich fast ins antike Athen zurückversetzt, wo schon Aristoteles seine Schüler im Gehen unterwies – zumindest der Legende nach. So wird jedes Schaufenster, jedes Plakat auf diesem langen Schulweg ein Sprech- und Frageanlass, wird die Welt wahrgenommen und gemeinschaftlich in Poesie verwandelt. Dem zu folgen, ist ein großer Genuss. Doch die  eigentlichen, stillen Stars sind die Illustrationen von K-Fai Steele, die auf den ersten Blick einfach nur lässig hingetuscht wirken, aber dann doch in ihren Details und ihrem Witz eine so reiche Bildebene schaffen, wie es im Bilderbuch selten ist. Das San Francisco, in dem die beiden unterwegs sind, ist eine Stadt von Menschen verschiedenster Hautfarben, die alle zu Fuß gehen: ein friedliches Miteinander von Hipstern, Punks und jungen Muttis, die Häuser geschmückt mit Regenbogenflaggen, Peace-Symbolen und „Black Lives Matter“-Plakaten. Das wirkt gar nicht US-amerikanisch, sondern erinnert  eher an die linken Kinderbücher der 1980er Jahre oder an Jutta Bauers fein beobachtete Großstadtszenerien. Und überall in diesem fröhlichen urbanen Mikrokosmos gibt es … Pos! Einmal visuell drauf angespitzt, siehst du an jedem Menschen, an jedem Fisch und Vogel, ja sogar am Mülleimer oder der Golden Gate Bridge zuallererst und dann immer und überall  … einen Po. Oder zwei. Quietschvergnügt philosophisch ist das, und  am Ende siehst du die Pos dieser Welt mit völlig neuen Augen und hast ganz nebenbei gelernt, dass eine schräge Frage, wenn du dich nur drauf einlässt, deine Perspektive für immer verändern kann. Und wenn das schon für Pos gilt, was ist dann mit den wirklich wichtigen Dingen im Leben? Eben.

*In Byram, Mississippi verlor kürzlich ein Lehrer seinen Job, weil er seinen Schüler:innen ein anderes Po-Buch („I need A New Butt“ von Dawn McMillan) vorlas. Nacktheit ist für viele Konservative in den USA tabu und Bücher werden reihenweise aussortiert. Aber wer sich jetzt schon Sorgen macht: Die Hosen in unserem Buch bleiben die ganze Zeit an!

Ich so du so

Die unterschiedlichsten Charaktere der Tierwelt werden mittels liebevoll geschriebener Verse auf jeweils einer Doppelseite gegenübergestellt. Obwohl sich manche Tiere womöglich ähneln, können sie doch ganz unterschiedlich sein. Damit können Kinder Assoziationen mit sich selbst oder anderen Menschen machen und sie lernen zudem noch etwas über die unterschiedlichen Charaktere der Tierwelt. Die collagenartigen Zeichnungen sind pointiert, so dass direkt beim Betrachten der Bilder das Wesen der Tiere deutlich wird.
Die Reime sind toll übersetzt, sie ziehen wie die Illustrationen direkt den Bann und können dazu führen, dass die Kinder ihre Gedanken zu den Bildern oder Texten kommunizieren.

Die können nicht nur Opel fahren

Popel sind gar nicht eklig! Sie können uns vor Viren und Bakterien schützen, die schleimige Masse hat quasi Superkräfte. Das lernen wir in diesem witzig und anschaulich illustriertem Bilderbuch genauso wie alles über die Bestandteile und das Zuhause von Popeln und Nasenschleim, Niesgeräusche aus aller Welt, Schnodder bei Tieren und gerade sehr wichtig: Wie man sich hygienisch schnäuzt, sich und andere vor Tröpfcheninfektionen schützen kann und Schniefnasen behandelt. Am Ende des Buches gibt es noch ein Quiz mit Popelwissen und ein paar Fakten: Wusstet Ihr z. B., das wir täglich einen Liter Schleim schlucken …?

Einer Geschichte vom Wachsen und Ankommen

Ein unbekannter Ort und eine fremde Sprache: Das sind die beiden großen Herausforderungen, die Mina beim Eintritt in den Kindergarten bewältigen muss. Grau und farblos erscheinen ihr die meisten Dinge am Anfang und die Worte der Erzieherin erreichen sie nicht. Aber schon bald beginnt Mina, sich in der neuen Welt zurechtzufinden und an jeden Tag kommt ein bisschen mehr Farbe in ihre neue Welt. Sandra Niebuhr-Sieberts Text beschreibt Minas Entwicklung sensibel und konsequent aus Sicht des kleinen Mädchens; Lars Baus’  einfühlsame Illustrationen und die sehr schöne Einbandgestaltung machen Minas Geschichte zu etwas ganz Besonderem. Ein Buch, das man sehr gern ein zweites oder auch drittes Mal in die Hand nimmt und das alle Kita-Pädagog_innen und auch alle Eltern von Kita-Kindern lesen sollten.